Sonntag, 29. April 2012

Otto, wo ist der Libero?

Kürzlich erhielt ich eine Mail. Dort hieß es: „Wenn Du Deinen Blog schon Libero nennst, schreib mal mehr über ihn.“ Der Typ nannte sich Manni und klopfte sich vermutlich auf die Schenkel, als erwähnte, auch einmal Libero gewesen zu sein. Dennoch dachte ich mir, warum denn eigentlich nicht. Dann fiel mir ein, dass ich etwa über good old Otto Rehhagel schreiben könnte. Er ist schließlich der „Lordsiegelbewahrer des Liberos“ und Otto finde ich gut!

Kutzop, Bratseth, Lothar, Sforza, Tsiartas und wie sie alle heißen... überall wo Otto  einmal Station machte, tauchte auch der Libero auf. Welch Treppenwitz seines Trainerlebens war es, als Otto in der griechischen Nationalelf einst einen gewissen Liberopoulos aufstellte, der aber Stürmer war...

Vor einigen Monaten ließ Otto sich nun breitschlagen, Hertha BSC vor dem Bundesliga-Abstieg zu retten. Viele fanden das gar nicht gut, meckerten „Hertha geht’s nicht“ und hätten Herrn Preetz allenthalben am liebsten in die Wüste gejagt. Bei seiner Vorstellung proklamierte „König Otto“ dann, dass bei der Hertha sein Wort ab sofort Gesetz sei, wonach ebenso viele die Nasen rümpften. Hätten sie ihn doch weiland in Hellas gehört. Da fabulierte „Rehakles“ noch: „Die Griechen haben die Demokratie erfunden. Ich habe die demokratische Diktatur eingeführt.


Wie dem auch sei, die „Alte Dame Hertha“ kümmert so etwas auf dem grünen Rasen wenig. Einen Spieltag vor dem Saisonende  ist sie Vorletzter und bekommt derzeit gefühlt Woche für Woche eine Packung. Wie etwa gestern auf Schalke und kam dort mit 1:4 unter die Räder. In dem vermeintlichen Retter Rehhagel erkannte Sportschau-Reporter Witte daher nur noch „einen ratlosen älteren Herren“, dem schon längst ein Zacken aus der Krone gesprungen sei. Dennoch habe der Fußball-Gott „seinen Mannen noch eine letzte Chance“ gegeben, stemmte Otto Durchhalteparolen dagegen und spielte auf das Abstiegsfinale am kommenden Samstag gegen Hoffenheim an.

Dort, wo ausgerechnet Ex-Trainer Babbel das Zepter schwingt und nach seinem schmerzhaften Abschied im Winter die Hertha in die Liga Zwo versenken wollen dürfte. Ja, ja, Otto: der vielbeschworene Fußball-Gott. Lässt er Hertha gewinnen und Köln gegen die Bayern verlieren, dann hätte Otto mit Hertha zumindest die Relegation erreicht. Hört sich in dieser Situation nach großem Kino an, ist für die Hertha aber eigentlich ein zutiefst trauriges Drama. Da bleibt Otto wohl, augenzwinkernd gesagt, nur noch seine allerletzte Patrone.

Mitnichten sein ewiger griechischer Adjudant Angelos Charisteas, der inzwischen für ein Klübchen namens Panetolikos Agrinio stürmt. Es ist kein Geringerer als der Libero! Nun Otto, wo ist er? Bisher tauchte er trotz Herthas Verteidigernot und etlichen Klatschen in keiner Taktik auf, obwohl ein Kandidat in Ottos eigenen Reihen schlummert. Es ist Herthas ungarische Ikone Pál Dárdai, der nach 14 Jahren im Arm der „Alten Dame“ dann und wann noch immer in Herthas zweiter Garnitur die Stiefel schnürt.

Mensch Otto, wäre Dárdai als einer der Erben des großen Ferenc Puskas mit 35 Jahren nicht geeignet, Deinen (vielleicht) letzten Libero zu geben? Also, mach’et Otto. Ich fände das gut! Die Hoffnung stirbt bekanntlich immer zuletzt.

Sonntag, 22. April 2012

Looking for Litti

Welch Karneval rund ums Müngersdorfer Stadion. Der Effzeh scheint auf Abwegen in Liga Zwo, hat ein Führungschaos und Poldi scheint geradewegs auf dem Weg nach London. Kein Wunder, dass der Dom wackelt und Geißbock „Hennes“ mit dem Zittern nicht mehr aufhört.

Nur, vom alten Effzeh-Helden Pierre Littbarski spricht kaum jemand. Dabei wurde „Litti“, der als Fummelkönig der Achtziger den Liberos der Liga Knoten in die Beine dribbelte, kürzlich juvenile 52. Selbst in diesen schweren Effzeh-Wochen sollte Zeit für fünf Wahrheiten über „Litti“ bleiben. Daher: Viva Colonia Litti!

1.  Wer weiß es noch? „Litti“ schoss den Effzeh anno 1983 gegen Lokalrivale Fortuna zum Pokalsieg und damit vorerst letzten Titel. Anders als Toni Schumacher oder Bodo Illgner zählt er zu den Effzeh-Helden, die sich nicht für eine Position beim Effzeh selbst ins Gespräch gebracht haben.

2.  Nachdem „Litti“ als Kicker zunächst dem Effzeh, außer einer Stippvisite bei Racing Paris, durchweg die Treue hielt, ließ sich „Litti“ -san danach in Japan nieder und dort seine Karriere ausklingen. Später wurde er gar zum Weltenbummler und bereiste als Trainer die halbe Welt. Stationen? U.a. Japan, Australien, Iran, Liechtenstein, Duisburg...

3.  Irgendwann verschlug es „Litti“ dann in die Autostadt nach Wolfsburg, wo seine Trainerkarriere etwas ins Stocken geraten ist. Nach kurzer Amtszeit als Interimscoach in Wolfsburg machte ihn Felix Magath, sein alter Nationalmannschaftsgefährte, zu seinem Scout. Schaut man sich Magaths offensive Einkaufspolitik an, dürfte „Litti“ stets gut zu tun haben.

4.  Ob „Litti“ damit seine Rolle gefunden hat? Mit verschiedensten Rollen hat der gelernte Finanzbeamte immerhin Erfahrung. Zum Beispiel bei sämtlichen Turnieren auf deutschem Boden. Bei der WM’74 gab er etwa in seiner Heimatstadt Berlin den Balljungen, bei der EM’88 ließ ihn Teamchef „Kaiser“ Franz auf den Rasen. Und bei der WM 2006 plauderte „Litti“ als  RTL-Kommentator wortreich ins Mikrofon.

5.  Allerdings ist er nicht der einzige „Litti“ in der weiten Welt des Fußballs, da der ewige Jari Litmanen in seiner finnischen Heimat ebenso gerufen wird. Doch seinen Namensvetter hat Littbarski längst in Leere laufen lassen, indem er bereits anno 1994 seine Biografie veröffentlichte. Deren Titel?: „Litti – Mein Leben“. Es kann halt nur einen geben.