Themenwoche „50 Jahre Bundesliga“, Teil 6. Als eine Art Fußball-Kultur-Beauftragter widmet sich Blogger Carsten Pilger heiß und innig seinem Lieblingsklub 1. FC Saarbrücken und dessen Fanszene. In seinem Beitrag für die Themenwoche philosophiert er mit Augenzwinkern über die vermeintliche „Gnade der späten Geburt“ und warum er die ersten 50 Jahre Bundesliga gewissermaßen verpasst hat...
„Dritte Bundesliga.“ - „Das heißt 'Dritte Liga', nicht 'Dritte Bundesliga'.“
„Dritte Bundesliga.“ - „Das heißt 'Dritte Liga', nicht 'Dritte Bundesliga'.“
Wieder einmal hatte ich jemanden korrigiert. Aus
pedantischer Strenge, den wir Fußballfans sind Pedanten, die auf alle möglichen
Einzelheiten achten, Kicker-Sonderhefte auswendig lernen und die Fußballregeln
vollständiger rezitieren können als die Zehn Gebote. Dass es nicht die Dritte
Bundesliga ist, in der mein 1. FC Saarbrücken spielt, sondern eben die
dritthöchste Spielklasse im deutschen Herrenfußball, darauf bestehe ich
nachdrücklich. Es ist Strenge und Phantomschmerz zugleich. In 50 Jahren
Bundesliga spielte mein „Eff-Zeh“ nur ganze fünf Spielzeiten in dieser besten
Liga Deutschlands. Gerade einmal an zehn Prozent dieser Geschichte schrieb der
FCS, immerhin Gründungsmitglied, mit. Was daran so schmerzt: Kein einziges Jahr
durfte ich erleben.
Die „Gnade der späten Geburt“ als politischer Begriff der
Nachkriegsjahre hat in meiner Fußballwelt keinen Platz. In meinem Geburtsjahr
1989 spielte Saarbrücken zweitklassig, verlor die Relegation am Ende der Saison
gegen Eintracht Frankfurt, die sich zum Dank ein Jahr später Anthony Yeboah
schnappte.
1992 stieg der FCS wieder in die Bundesliga auf, verzückte
mit dem ersten fußballspielenden US-Amerikaner der Welt, Eric Wynalda, die
Liga, stieg aber am Ende unter Peter Neururer wieder ab. Wir schrieben das Jahr
1993, ich kam in den Kindergarten und hatte vermutlich noch keine Ahnung, wie
ein Fußball aussieht. 2003 ging ich erstmals ins Stadion, dessen Faszination
für mich vor allem eines ausmachte: Hier drin wurde mal Bundesliga gespielt.
Hier liefen schon die großen Bayern auf. Vielleicht ja irgendwann mal wieder?
Ich begann zu hoffen. 2004 wurden meine Hoffnungen genährt: Der Aufstieg in die
Zweite Bundesliga gelang. „Zweite Bundesliga“, das hört sich ja auch schon bald
wie die echte Bundesliga an. 2006 folgte wieder der Abstieg, 2007 die Oberliga.
Ich hatte längst meinen alten Traum vergessen, den ich
allenfalls virtuell auf dem Computer oder der Spielekonsole mal ausleben kann:
Der FCS in der Bundesliga. Ich begann mich mit der Situation zu arrangieren:
Amateurfußball ist rumpelig, ulkig, urig, es gibt die alten Opas am Spielrand,
Auswärtstouren über die Dörfer. Es hatte Charme. Aber insgeheim glaubt sich
jeder Saarbrücker mit einem Geburtsrecht auf die Bundesliga ausgestattet. Dass
es dies nicht gibt, ist die große Desillusionierung unserer Fangeneration.
So bleibt mir nichts weiter, als Leute zu korrigieren, wenn
wieder mal die Rede von der „Dritten Bundesliga“ ist. Oder zu langen
Erklärungen auszuholen, wenn mich jemand fragt, welchen Bundesligisten ich denn
unterstütze. Die Bundesliga habe ich verpasst. Zumindest in den ersten 50
Jahren.
Carsten Pilger spitzt ansonsten seine flotte Feder im FCS-Blog 2.0. Außerdem war er dafür mitverantwortlich, dass das lobenswerte FCS-Fanzine „Der Leuchtturm“ das Licht der Welt erblickte und seitdem nicht nur die saarländische Fußball-Kultur bereichtert.
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