Themenwoche „50 Jahre Bundesliga“, Teil 5. Was macht eigentlich... der Bökelberg? Bei Google Maps
gibt es ihn noch. Dabei ist eines der geschichtsträchtigsten Stadien der
Bundesliga seit mehr als sechs Jahren verschwunden. Gladbach-Edelblogger, Buchautor und Journalist Jannik Sorgatz berichtet über einen Besuch voller
nostalgischer Gefühle.
Früher
hatten Borussias Gegner hier reihenweise Scheiße am Fuß. Heutzutage muss man
als Spaziergänger am Bökelberg wahnsinnig aufpassen, dass man nicht selbst in
Scheiße tritt. Mönchengladbachs Hundebesitzer lassen anscheinend den nötigen
Respekt vermissen. Dabei gehen sie an einem der heiligsten Fußball-Orte
Deutschlands Gassi.
Wer
noch nie vom Bökelberg gehört hat, wird den Wall der alten Haupttribüne sowie
die Reste von Nord- und Südkurve für naturgegeben halten. Bei mir weckt dieser
Besuch an einem heißen Sommertag mehr als nur nostalgische Gefühle. Da ist zwar
die Gewissheit, dass Bundesligafußball an diesem Ort im Jahr 2012 nicht mehr
zeitgemäß wäre. Aber am Bökelberg fing alles an. Wenn der Bökelberg nicht
gleich diese Faszination auf mich ausgeübt hätte, wäre ich vielleicht nie so
tief in diese Sache hineingerutscht, dass ich meiner Mannschaft nun bis in die
Ukraine hinterherreise (oder auch: hinterherreisen darf).
Foto: J. Sorgatz |
16 Jahre später ist es verdammt still "In de Kull", wie der Weg mittlerweile heißt, der von der Bökelstraße in Richtung Mittelkreis führt. In einem der Häuser kreischt zwar eine Kreissäge, aber das ist ja nichts gegen einen Wechselgesang zwischen Nordkurve und Ostgerade am Samstagnachmittag. Mit neun Jahren war ich groß genug für den ersten Besuch auf der Stehplatztribüne. Wahrscheinlich habe ich bei jenem 5:2 gegen den VfL Wolfsburg zum ersten Mal einen Joint gerochen, ohne zu wissen, was ein Joint ist. Gras, Bier, Schweiß und Moos – das war der Duft des Bökelbergs.
Foto: F. Sorgatz |
Bis
Gladbach in der Saison 2011/2012 sensationell den Sprung auf Platz vier
geschafft hat, habe ich die 70er-Jahre sogar als Belastung empfunden. Jetzt
haben die Erzählungen aus den glorreichen Zeiten keinen mahnenden Unterton
mehr. Ich kann sie einfach genießen.
Es hat ein paar Jahre gedauert, bis die Grundstücksverkäufe am alten Bökelberg richtig anliefen. Früher schon war diese Gegend in Mönchengladbach-Eicken ein feines Wohngebiet. Es pilgerten lediglich alle zwei Wochen bis zu 34.500 Fußballfans durch die Vorgärten. Die Ex-Borussen Eugen Polanski, Tobias Levels und Johannes van den Bergh haben hier gebaut. Wobei man mit Fug und Recht sagen kann, dass solch ein Immobilienkauf das "Ex-" schnell verschwinden lässt. Wer an den Bökelberg zieht, der ist immer noch Borusse.
Foto: J. Sorgatz |
Ein
Pilgerort für nostalgische Gladbach-Fans scheint der alte Bökelberg seit 2004
jedoch nicht geworden zu sein. Jeder trägt die Erinnerungen lieber in sich,
kramt sie sowohl in guten wie in schlechten Zeiten hervor. Nicht viele Stadien
haben Bundesliga-Meisterschaften und einen Aufstieg in nahezu demselben Zustand
erlebt. Und so erzählt man sich weiter die Geschichten vom Pfostenbruch und vom
Büchsenwurf, denen in jedem Fußball-Museum üppiger Raum zugestanden würde.
Foto: J. Sorgatz |
Jannik Sorgatz parliert ansonsten in seinem famosen Blog "Entscheidend is auf'm Platz" über Favre und seine Fohlen. Borussen-Fans geht überdies das Herz auf, wenn sie Jannik Sorgatz 2. Buch “Gegen Gladbach kann man mal verlier’n” nicht mehr aus den Händen legen können.
2 Kommentare:
Natürlich ist es ein Unding, sich selbst einzuladen, aber ich geb' zu, ich würd' Dich gerne mal besuchen, wenn da so ein Miniaturmast im Garten steht ...
Irgendwie traurig, dass optisch so wenig an die Bedeutung dieses Ortes erinnert wird, wenn ich die Fotos so sehe. Wobei der Ort selber ja nie ein anderer werden kann als der Bökelberg.
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