Dienstag, 30. Oktober 2012

Sandsturm aus Sandhausen?

Wenn es um den Sportverein Sandhausen geht, könnte sicher mancher Fragen  ganz nach dem  SV Meppen-Prinzip stellen: Wer sind die denn? Wo kommen die denn her? Fürwahr, der Zweitligaaufsteiger ist für viele, sagen wir einmal, ein weithin unbeschriebenes Blatt. Wie gut, dass die 11 Freunde in ihrer November-Ausgabe ihr obligatorisches Stadionposter dem Sandhauser Hardtwald-Stadion widmen oder die Sportschau kürzlich jene Heimstatt nebst Katakomben für einen Vorbericht ins Visier nahm. 

SV Sandhausen, den Namen sollte man sich nicht zuletzt dank des Aufstiegs in die Liga Zwo merken. Da vergesse ich glatt, wie Fans des 1. FC Köln nach ihrem Erstligaabstieg einen kleineren Wortspielkarneval veranstalteten und in leicht verdaulicher Weise den Klubnamens der badischen Emporkömmlinge verballhornten: „Adieu FC Bayern, herzlich Wilkommen Sandsturm Sandhausen.“  Bisher hält sich Sandhausen in der 2. Liga zwar erwartbar nah  an den Abstiegsrängen auf, aber doch irgendwie über Wasser.

Am heutigen Dienstag steht dann das Pokalgastspiel der 2. Runde auf Schalke an. Während einige Schalker ob der vermeintlich leichten Hürde nach Triumphen gegen den BVB und bei Arsenal zu Gähnen beginnen dürften, könnte dieses Gastspiel für die Badener eines der Glanzspiele der 103-jährigen Klubgeschichte werden. Denn derartige Ereignisse auf diesem Niveau sind in Sandhausens Annalen rar gesät.

Letztes Jahr gastierte Klopps BVB in Runde eins des DFB-Pokals in Sandhausen und gewann dort per solidem 2:0-Erfolg. Mehr Begeisterung weckt da aber Sandhausens sensationeller Pokalauftritt aus dem Sommer 1995, als der VfB Stuttgart im Hardtwald-Stadion mit sage und schreibe 14 zu 15 nach Elfmeterschießen unterging. Jener denkwürdige Elfmeterkrimi, bei dem auf Seiten des VfB ein gewisses magisches Dreieck namens Bobic-Elber-Balakov mit von der Partie war und ein Co-Trainer namens Jogi Löw auf der Bank saß,  ging übrigens als der torreichste in die Pokalannalen ein.


Bei diesem Sandhauser „Sandsturm“ längst nicht mehr dabei war der prominenteste Kicker der Klubhistorie. Dieser ist übrigens Bayern-Legende Franz „Bulle“ Roth, der nicht nur für seinen FC Bayern einst in drei Europapokalendspielen traf, sondern im Spätherbst seiner Karriere Sandhausens schwarz-weißen Dress trug. Was den heutigen Pokalabend angeht, darf man nur hoffen, dass Roths Sandhauser Erben nicht dasselbe passiert wie den Bayern. Denn die gingen Ende der 70er gegen Schalke einmal mit 0:7 unter...

Doch wer weiß, ganz im Sinne vielbeschrieener „Pokalgesetzmäßigkeiten“ könnte ebenso ein erneuter wie weithin unerwarteteter „Sandsturm“ aus Sandhausen über die Schalker hinwegfegen. Ausgerechnet im langjährigen Wohnzimmer des Schalker Idols Ebbe Sand hätte das nicht nur buchstäblich etwas...

Samstag, 27. Oktober 2012

Forza Lorenz-Günther Köstner!

Seit Donnerstag ist Felix Wolfgang Magath nun in Wolfsburg Geschichte. Hat es eigentlich auch rund um die Wolfsburger Meisterschaft anno 2009 derart viel Bohei gegeben wie nun um seine Entlassung? Was einen kaum verwundert: nach dem Niedergang der letzten Wochen mit Magath hat man in der Autostadt kaum einen der wenigen Wölfe aufheulen hören. Dafür soll es in dem  35 (?) Mann starken VfL-Kader so manch Kicker geben, denen seitdem regelrechte Medizinbälle vom Herzen gefallen sein sollen.

Magath kehrte im März 2011 als gefeierter Held zum VfL zurück und ging 1.251 Tage, nachdem er die Meisterschale mit den Wölfen gewann, buchstäblich  als einsamer Wolf. Gewissermaßen erlebte Magath in Wolfsburg sein Waterloo, das ihn beinah in jenem März 2011 auf Schalke ereilt hatte. Wie damals auf Schalke sind nun auch in Wolfsburg die Tage gezählt, an denen seine Kickern den „Mount Magath“ sozusagen zum Kotzen finden und ihnen ob der HSV-Legende die Knie schlottern wie den Piraten in den Asterix-Comics vor den schlagkräftigen Galliern.

Bekanntermaßen wird, wie schon im Frühjahr 2010, Lorenz-Günther Köstner interimsweise das Magath’sche Trainer-Zepter, zumindest für das heutige Bundesligagastspiel bei Fortuna Düsseldorf und das Pokalspiel am Mittwoch gegen den FSV Frankfurt zu übernehmen. Köstner kündigte unlängst an, mit seinen Spielern reden und herausfinden zu wollen, wie die Mannschaft ticke. Hört, hört! Soft Skills sind nun beim VfL wieder gefragt. Die WELT schreibt hierzu:

Der frühere Unterhachinger und Kölner Bundesligatrainer ist nun vorerst die nächste Lösung für den VW-Versuch, die Konzerntochter VfL auf Erfolg zu trimmen. Nach anderthalb Jahren Magath mit 37 Transfers für gut 71 Millionen Euro, ständigen Personalrochaden zwischen Spielfeld und Tribüne, Ausmusterungen und minimaler Kommunikation mit den Spielern ist die Verunsicherung groß.“
 
Der 60-jährige Köstner ist ansonsten Trainer der  zweiten Mannschaft  des VfL und besiegte mit seinem viertklassigen Regionalligateam zuletzt vor 220 Zuschauern 3:1 gegen die einstige Zweitliga-Trutzburg SV Meppen. Unterdessen sind beim VfL Wolfsburg schier unvermeidlich große Lösungen wie Bert van Marwijk oder Bernd Schuster im Gespräch. Doch wer meint, Köstners auf den ersten Blick etwas unscheinbares Profil mangele es, sagen wir einmal, an erhabenen Erlebnissen in der großen, weiten Welt des Fußballs, der irrt! Folgende fünf Fakten über Köstner dürften hier Licht ins Dunkel bringen. 
 
1. Mit  Borussia Mönchengladbach wurde Köstner etwa 1975 Deutscher Meister und gewann gar den UEFA-Pokal, auch wenn der damalige Mittelfeldspieler damals eher in der zweiten Reihe der „Fohlen“ stand.
 
2. In der zweiten Reihe buchstäblich stehend lässt sich auch Köstners größter Erfolg als
Trainer verorten. Köstner assistierte vor 20 Jahren einem gewissen Christoph Daum, der den VfB Stuttgart 1992 in einem denkwürdigen Saisonfinale zum Meister machte.
 
3. Köstners schwärzeste Trainerstunde schlug indes beim 1. FC Köln. Ausgerechnet im Jahr des 50-jährigen Vereinsjubiläums ging Köstner als jener tragischer Trainer in die Annalen des Bundesgründungsmitglieds ein, der mit dem stolzen Effzeh erstmals abstieg.
 
4. Ein ähnliches Schicksal sollte Köstner später nochmals mit der SpVgg Unterhaching erleiden. Allerdings darf sich Köstner ebenso als der Trainer des vor den Toren Münchens ansässigen Klübchens bezeichnen lassen, der zunächst mit der SpVgg in die Bundesliga aufstieg und sie dort stolze drei Jahre lang mit Glück und Geschick hielt.
 
5. Während seines ersten Engagements im Frühling 2010 als Interimscoach des VfL rettete Köstner den damals amtierenden Meister immerhin vor dem Abstieg, führte ihn bis ins Viertelfinale der Europa League und ist seitdem übrigens der erfolgreichste Trainer in der 15-jährigen Wolfsburger Bundesligahistorie: mit einem profunden Punkteschnitt von 1,73.


Forza, Lorenz-Günther Köstner!

 

Dienstag, 23. Oktober 2012

Besser als Best?

Champions League!  Im einstigen Westfalenstadion, dem Wohnzimmer des BVB,  gastiert am Mittwochabend das »Weiße Ballett« von Real Madrid mit seinem Vortänzer Cristiano Ronaldo.  Jose Mourinho hält seinen Landsmann immerhin für den besten Kicker des Universums. Doch, ob Mr. Mourinho weiß, dass der Fußball-Gott bereits anno 2008 für Ronaldo noch höhere Weihen übrig hatte? Denn schon damals war der portugiesische Pfau besser als Best...   

Es ist ein alter Hut, dass Mr. Mourinho sich selbst »The Special One« nennt. Ein ebenso alter Hut, aber fast schon in Vergessenheit geraten ist Mourinhos eigene Kickerkarriere, die Anfang der 80er ihre Höhepunkte bei zweitklassigen portugiesischen Klübchen namens Belenenses Lissabon fand. Dessen ungeachtet beherrscht „The Special One” nach wie vor den polemischen Pass, wie er jüngst zur Frage nach dem nächsten Weltfußballer in einem Interview mit der portugiesischen Gazette A Bola nachwies. Es sei ein Verbrechen, wenn Ronaldo den Titel nicht gewinnen sollte. Wenn Messi der beste Spieler des Planeten sei, dann wäre Cristiano der Beste des Universums undsoweiter...

Tito Vilanova, Coach des FC Barcelona hatte zuvor gewagt, seinen Schützling Lionel Messi öffentlich für die Anfang 2013 anstehende Wahl zu favorisieren. Ronaldo hatte bei den letzten drei Weltfußballer-Wahlen jeweils gegenüber Messi das Nachsehen gehabt. Gewiss, die erwähnte Salve Mourinhos in Richtung Messi, der selbst bei diesen Wahlen einen »Clásico« der dritten Art vermutet, bleibt hängen. Ob »The Special One« wohl beim Abfeuern bewusst war, dass sein von ihm goutierter Landsmann so gepriesenen Fußballmutterland eine schier noch größere Ehrung erfahren hat? Wie das?

Damals stolzierte Ronaldo, von Franz Beckenbauer einmal als »Zirkuspferd« etikettiert, seine Numero „7“ noch als einer der Erben des großen nordirischen Dribblers George Bests im roten Dress Manchester Uniteds über die Flügel englischer Rasenrechtecke. Und, als er einst im März 2008 mit zwei Freistoßtreffern gegen die Bolton Wanderers Bests ewige Rekordmarke einstellte und gar überflügelte, flackerte unter einsetzender Stille ob des historische Atemzugs auf allen Stadion-Bildschirmen im »Theater der Träume“ plötzlich in großen Lettern The Best since Best (Der Beste seit Best) auf. Der Nordire war 1968 dank seines epochalen Torrekords und dem Gewinn des Landesmeistercups mit Man Utd. zu Europas Fußballer des Jahres avanciert.

Doch dem nicht genug. 40 Jahre später wiederholte sich die Geschichte. Nach dem Champions League-Sieg mit Manchester United und dem erwähnten eigenen Torrekord  wurde Ronaldo 2008 nicht nur zu Europas Fußballer des Jahres 2008 gekürt, sondern heimste obendrein die Weltfußballer-Lorbeeren ein.
Insofern war Ronaldo bereits 2008, sagen wir mal, besser als Best. Nur, von dem schlauen Mr. Mourinho war hierzu bisher wenig zu hören.
Vor allem in Anbetracht einer fast heiligen Rangfolge, die seitdem für manche etwas auf dem Kopf steht dürfte: Maradona good, Pele better, George Best...
 

Dienstag, 16. Oktober 2012

Als Rahn kam, schoss und siegte...

Alter Schwede! Meist reißen einen Länderspielabende das skandinavische Königreich nicht gerade vom Hocker, selbst wenn die oft farblosen schwedischen Kicker ihren gelben Dress tragen und Zlatan Ibrahimovic vorneweg stolziert. Das war nicht immer so. Einmal geschah gar Denkwürdiges, als der Gladbacher Uwe Rahn gegen die Nordlichter sein Nationaelfdebüt feierte.

Uwe Rahn? In den 80ern war der blonde Mittelspieler durchaus eine große Nummer. 1987 avancierte der Gladbacher sogar zum Bundesligatorschützenkönig und zum Fußballer des Jahres , woraufhin ihn PSV Eindhoven als Nachfolger von Ruud Gullit verpflichten wollte. Doch nicht nur in Holland war Rahn nach seinem annus mirablis gefragt. Wie Bayern-Legende Klaus Augenthaler einst in einem Tagesspiegel-Interview verriet, strapazierte in den 80ern auch Bayern-Trainer Jupp Heynckes mit seinen Rahn'schen Schwelgereien erheblich die Nerven seiner Stars :

„Jupp Heynckes hat als Trainer bei den Bayern immer von Uwe Rahn gesprochen, der unter ihm in Mönchengladbach Fußballer des Jahres geworden ist: Uwe hat dies gemacht, Uwe hat jenes gemacht. Ich weiß doch, was die Jungs gedacht haben: Dann soll er den Uwe Rahn eben holen.“

Doch, zurück zu Rahns Premiere. Die spielte sich fast auf den Tag genau vor 28 Jahren am 14.Oktober 1984 in Köln im Müngersdorfer Stadion ab. Und da das Quali-Duell für die 86er WM in Mexiko gegen biedere Schweden auf eine Nullnummer hinauslief, wechselte Teamchef Beckenbauer Debütant Rahn in der 75. Minute für Spielmacher Felix Magath ein. Und siehe da, der 22-Jährige dankte dies dem „Kaiser“ sozusagen Gewehr bei Fuß.

Nur wenige Sekunden nach seiner Einwechslung schickte ihn Klaus Allofs mit einem Steilpass in Richtung des Kastens der schwedischen Torsteher-Ikone Thomas Ravelli. Und Rahn, der die Cruyff'sche Numero 14 trug, zog ab und durfte mitansehen wie sein erster Ballkontakt an Ravelli vorbei vom Innenpfosten ins schwedische Netz plockte. Tor! Im sonoren Sound von Heribert Faßbender, der ob der sich überschlagenden Ereignisse kaum sein eigenes Tempo halten konnte, hörte sich das im Übrigen so an:

„Uwe Rahn, 22 Jahre kommt zu seinem ersten Länderspiel...[Atempause] und jetzt macht er das Tor! Ich werd wahnsinnig! Das is ja unglaublich! Erster Ballkontakt und dann schießt er das Tor! Ravelli hat keine Chance, ein Billardtor. [...]“






Rahn kam, schoss und siegte. Selbst Beckenbauer wusste augenscheinlich nicht, wie ihm geschah. Dank Rahn und einem späteren Treffer Rummenigges sollte des Kaisers Elf mit Zwozunull siegen und später in Mexiko gar Vize-Weltmeister werden. Dort blieb Rahn einsatzlos und erlebte an diesem Abend von Köln seinen wohl größten Moment mit dem Adler auf der Brust - trotz stolzer fünf Treffer in 14 Einsätzen.

Von jenem Uwe Rahn, so hatte es den Anschein, hat der Kaiser nie so viel gehalten wie weiland Jupp Heynckes. Dennoch sollte Uwe Rahn den roten Bayern-Dress nebenbei gesagt nie tragen...
 
PS.: Der Artikel ist in alternativer Fassung bereits bei Thor Waterschei und bei Catenaccio erschienen.

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Talking about Dublin

Im Gälischen trägt Dublin den fast unaussprechlichen Namen Baile Átha Cliath. Wie irlandaffine Zeitgenossen fabulieren dürften, bedeutet dieser Zungenbrecher in etwa so viel wie „Schwarzer Sumpf“. Wenn am Freitagabend Jogis favorisierte Löwen in der WM-Quali in Irlands Hauptstadt gastieren, könnten manche über ein schlechtes Omen unken.

Doch weit gefehlt. Deutsche Nationalteams sind seit 1956 auf der „Grünen Insel“ ungeschlagen. Und da seitdem jede der vier Partien in Dublin stattfand, scheint das schlechte Omen längst im schwarzen Sumpf versunken zu sein. Drei der Duelle stiegen im legendären Stadion an der Lansdowne Road, wo so manche Begegnung zum deutschen Debütantenball geriet. Etwa im Mai 1979, als Bundestrainer Jupp Derwall gegen damals schwache Boys in Green German Greenhorns wie Bernd Schuster, Dieter Hoeneß oder Jimmy Hartwig ihre Premiere mit dem Adler auf der Brust feiern ließ.

Morgen Abend werden die beiden Hymnen im Aviva Stadium erklingen. Das letzte deutsche Gastspiel fand 2007 im Croke Park statt, wo Jogi Jungs dank einer Nullnummer das Ticket für die 2008er Euro lösten. Croke Park ist ansonsten Schauplatz der Länderspiele im Gaelic Football oder Hurling. Nur während der zweijährigen Bauphase des Staidiam Aviva, das  2010 eröffnet und auf dem Grund des abgerissenen Stadions an der Lansdowne Road errichtet wurde, trugen die Iren dort ihre Fußball- und Rugby-Länderspiele aus.

Weder Löw noch Trapattoni werden morgen auf dem grünen "Parkett" des feinen Fußball-Tempels einen Debütantenball veranstalten. Von den irischen Gastgebern darf wie eh und je eine Art Wiedergänger des Kick & Rush erwartet werden, kultiviert durch Trapattonis taktische Finessen, was die defensive Ausrichtung angeht. Die größten Stützen der irischen Eleven sind neben ihrer Kampfkraft ihre fabulösen Fans im Rücken.


Und sonst? Da vertraut "Trap" weiter auf seinen in die Jahre gekommenen Kapitän Robbie Keane, der irischer Rekordtorschütze ist und stolze 121 Länderspiele auf dem Buckel hat. Das spricht zwar eindeutig für den 32-jährigen irischen Senior, der für das Beckham-Klübchen Los Angeles Galaxy auf Torejagd geht - aber auch gegen den irischen Nachwuchs. Als mögliche irische Geheimwaffe hätte im Übrigen ein gewisser Rory Delap eine Rolle spielen können, nachdem sich der Profi von Stoke City in den letzten Jahren einen kapitalen Ruf als irisches Einwurfwunder in der Premier League aufgebaut hat.

Viele der von Mr. Delap mit seinen Händen in gegnerische Sechzehner katapultierten Bälle, von britischen Revolverblättern gern als „bombs“ bezeichnet, wirken zuweilen schärfer als so manche Flanke. Einstige deutsche Einwurfkönige wie Uwe Reinders oder Harald Katemann dürfte da große Augen bekommen. Es gab weiland gar Tage, da wollte selbst Arsenals Arsene Wenger, nachdem seine Abwehr sich von Delaps „bombs“ hat verballhornen lassen, Einwürfe völlig abschaffen. Monsieur Wenger müsste sich erst einmal bei ebay reinklicken, wo in Gedenken an Delap T-Shirts mit dem schmissigen Schriftzug „You’ve been delaped“ auf den Markt geworfen wurden …

Nachdem bei „Trap“ zuletzt Flügelflitzer Damien Duff und Rekordnationalspieler und Keeper Shay Given, beide jenseits der dreißig, den Dienst nach der wenig erfolgreichen Euro quittieren mussten, dürfte der irische Einwurfkönig mit seinen stolzen 36 Jahren für Trapattonis Boys in Green leider doch etwas zu alt sein. By the way, zum elften und letzten Mal streifte Rory Delap anno 2004 den grünen irischen Jersey über. Eine Rückkehr hätte vielleicht einer der größten Würfe von Mr. Delap werden können...

Sonntag, 7. Oktober 2012

Radio Gaga

„BoJo“? Nie gehört? Kein Problem.Britanniens Boulevardzeitungen nennen Londons schillernden Bürgermeister Boris Johnson so, der politisch als „Tory“ dem konservativen Lager angehört und als schier genauso unberechenbar wie sein struwweliger blonder Haarschopf gilt. Der Spiegel nannte „BoJo“ einmal einen Polit-Clown und stufte ihn in den Tagen der Olympischen Spiele in London gar als Gefahr für Britanniens Premierminister Cameron ein.

Nicht weniger gefährlich wird es offenbar, wenn Johnson selbst mit dem runden Leder in in Berührung kommt. Das einzige Gekicke, bei dem „BoJo“ himself eine Rolle spielte, war 2006 ein englisch-deutschen Benefizspiels. Dort mähte Johnson Ex-Nationalspieler Maurizio Gaudino um, woraufhin der Telegraph tags darauf in seiner Onlineausgabe applaudieren sollte:  „Great tackle, Boris - but it's football, not rugby“. Nach eigener Aussage wollte Johnson den Ball mit dem Kopf zu treffen. Noch ungehobelter geht nicht?
 


Leider doch. Denn zwei Jahre zuvor war in dem damals von Johnson herausgebenden Magazin Spectator ein kontroverser Artikel veröffentlicht worden, der seine politische Karriere arg ins Wanken brachte. Der Artikel, für den Johnson schließlich  als Herausgeber Verantwortung übernahm,  verunglimpfte in Anspielung auf die Hillsborough-Katastrophe, bei der 96 Menschen in einer Massenpanik zu Tode kamen, Liverpools Einwohner als Menschen mit „zutiefst hässlicher Psyche“, die sich in einer Opferrolle suhlten. Liverpool wurde vorgeworfen, sich zu weigern, für die „betrunkenen Fans der hinteren Ränge, die dumm und ohne Rücksicht versucht haben, sich nach vorne zu kämpfen“ Verantwortung zu übernehmen...
Nachdem „BoJo“ es 2008 doch zum London mayor avanciert war, wurde es lange Zeit  ruhiger um ihn, zumindest was Peinlichkeiten im Fußball-Kosmos betrifft.Bis vor kurzem, als Johnson in einem Radio-Quiz auf die Frage, wer im World Cup Final 1966 drei Treffer samt legendärem Wembley-Tor erzielt habe, die Antwort „Bobby Moore“ über den Äther schickte - im Brustton der Überzeugung versteht sich.

Es hatte etwas von Radio Gaga. Der viel zu früh verstorbene Bobby Moore dürfte sich im Grabe umgedreht haben. Hatte Moore doch als damaliger englischer Kapitän den World Cup in Empfang genommen und sich danach auf vielen Schultern über den Wembleyrasen tragen lassen. Seine Antwort legte man dem politischen Paradiesvogel im Fußballmutterland wider Erwarten nicht als kollektive Majestätsbeleidigung aus. Vielmehr belehrte ihn die Sun schulterklopfend wie belächelnd:„No Boris, it was Geoff Hurst!“

„BoJo“ rechtfertigte sich später, im summer of sixtysix erst zwei Jahre alt gewesen zu sein. Nun denn. Ob ihm heute wohl bekannt ist, dass sich in den Londoner Stadtgrenzen sage und schreibe 13 Profiklubs tummeln? Und by the way Champions League-Winner Chelsea gar kein Page 3-Girl ist?
 

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Comeback in Chemnitz?

An dieser Meldung kommt man nicht vorbei: Michael Ballack ist zurückgetreten. Über eine Hamburger Anwaltskanzlei ließ der Capitano gestern ausrufen, dass er ab sofort seine zuletzt nicht mehr genutzten Stiefel sowie sein Trikot mit der Numero dreizehn an den berühmt-berüchtigten Nagel hängt. Im Wortlaut hört sich das dann so an:

» Mit 36 Jahren blicke ich auf eine lange und wunderbare Zeit im Profifußball zurück, von der ich als Kind nie zu träumen gewagt hätte. Es war ein Privileg, mit erstklassigen Trainern und fantastischen Mitspielern zusammenzuarbeiten. Sicher wird es mir fehlen, nicht mehr vor 80.000 Fans zu spielen oder ein Tor zu schießen. Die letzten Monate ohne aktiven Fußball haben mir aber gezeigt, dass die Zeit reif ist, aufzuhören.

Ich freue mich jetzt auf ein neues Kapitel in meinem Leben und danke meiner Familie und all den großartigen Menschen, die mich gefördert, gefordert, begleitet und unterstützt haben. Sie alle haben großen Anteil an meinem Erfolg. «

Auf seiner Webseite bedankte er sich zudem bei seinen Fans und ließ dort seine Autoren in wenigen Worten seine fußballerische Vita skizzieren : »In seinen 17 Jahren als Profifußballer gab es zahlreiche Höhen und wenige Tiefen, mehr Siege als Niederlagen, mehr Freude als Enttäuschung. «


Die BILD notierte heute vom Ende des Unvollendeten, Zeit online vom Alphatier mit vielen Gegnern. Richtig da war etwas, trotz diverser deutscher und englischer Meistertitel und Pokalsiege war Ballack der große internationale Coup stets vorbehalten geblieben. Gern wurde Ballack als menschgewordenes Leverkusen karikiert. Jener kopfball- und schussstarke Weltklassekicker, dem im entscheidenen Moment stets der letzte Kick fehlte: Vize-Welt- und Europameister, unterlegener Finalist in der Champions League, WM-Dritter im eigenen Land. Doch war er das wirklich? Wie dem auch sei.Einen klanglosen Karriereausklang in den Weiten Amerikas oder Australiens hat sich Ballack unterm Strich, aus welchen Gründen auch immer, erspart. Hier sprach gestern good old Berti Vogts als so genannte Stimme der Vernunft bereits wahre Worte:

»Ich glaube, er hat erkannt, dass er nicht mehr für einen großen Club spielen kann. Sein Karriereende ist richtig. Was soll er in Australien? […] Ich hoffe, dass Michael dem deutschen Fußball erhalten bleibt - als Manager oder Trainer. Das traue ich ihm zu. Es wäre schade, wenn der deutsche Fußball ihn verliert. Er hat Großes für ihn geleistet. «

Unter Berti Vogts hatte der juvenile Ballack anno 1999 gegen Schottland sein erstes von 98 Länderspielen absolviert. Das tragische Ende dieses Lieds ist allerseits bekannt.



Was er nun machen wird? Ketzerische Karrierebetrachter Ballacks könnten nun grinsend fragen: Vielleicht, ab in den Urlaub?

Eine weitaus bessere Idee hatte da „Annettchen aus dem Erzgebirge“, eine Vertreterin aus Ballacks Fanschar, die dem Capitano zurzeit eifrig in dem Gästebuch seiner besagten Webseite salutiert. Ja und „Annettchen aus dem Erzgebirge“ schrieb ihm sozusagen mütterlich ins Stammbuch:

Ich gebe Dir einen guten Rat, mach den Trainerschein, übernehme den CFC, ganz Chemnitz würde Hurra schreien.“

Warum auch nicht? Von Chemnitz in die weite Welt des Fußballs. Das ist dem Capitano schon einmal gelungen…