Samstag, 4. Mai 2013

ALLEz GRÜN!

Werder steht nach zehn sieglosen Spielen das Wasser bis zum Hals. Drei Spieltage vor dem Saisonende ist Werders weiland üppiges Polster auf den Relegationsrang auf zwei Pünktchen und five points auf den ersten Abstiegsrang geschmolzen. Zeitweise kann man sich daher als Werder-Daumendrücker vor nett gemeinten Hinweisen kaum retten, wonach Werder und damit einem selbst bald Montagabends stets ein Livespiel garantiert sei. Bei manch spöttelndendem HSV-Fan hilft zwar dann und wann noch immer ein Papierkugelwurf, doch so ist das halt....

Rund um das Weserstadion machen sich daher nicht etwa Auflösungserscheinungen breit. Denn hinter Schaafs strauchelnder Herde steht, wie diese Tage unzweifelhaft, zeigen eine grün(-weiße) Wand. Dies begann offenkundig in Leverkusen, als Werders Kicker und Thomas Schaaf während und nach der dortigen Niederlage von den mitgereisten Werderanern frenetisch unterstützt und gefeiert wurden. Ich habe es schon kürzlich geschrieben, nicht nur ein Hauch von ››You'll never walk alone‹‹ nach Werder-Art wehte am diesem Samstag durch die BayArena.

Doch, es wird noch besser! Das wunderbare Werder-Blog «Worum» startete nun die Initiative «ALLEz Grün!». Alle Werder-Fans sind dazu aufgerufen, in den beiden Abstiegsendspielen heute gegen Hoffenheim sowie am nächsten Samstag gegen Eintracht Frankfurt im Weserstadion grüne Kleidung zu tragen, um Werders Arena in ein grün(-weißes) Farbenmeer zu verwandeln. Tradition allein schützt bekanntermaßen vor Abstieg nicht, Zusammenhalt schon.


Dieser famosen Aktion, die derzeit allerorten ihre verdiente Würdigung findet, schließe ich mich als langjähriger Werder-Fan gerne an. Wie man vielleicht erkennen wird, erscheint «Der Libero» daher seit gestern weitaus grüner als zuvor, das heißt: mit grünen statt schwarzen Post-Überschriften und auch die blaue Farbe im  Logo sowie in der Navigationsleiste wurde (zumindest bis zum Saisonende) durch grüne ersetzt. Dazu ist das Aktionslogo nun ebenso in der Seitenleiste zu finden. Denn grün ist die Hoffnung! Also an alle Werder-Fans, Kutten-und Schalträger oder Daumendrücker: unterstützt Werder und bekennt Farbe!

Bevor ich diesen Beitrag schließe, möchte ich noch kurz zurückschauen. Zum einen auf ein mögliches gutes Omen für die Partie gegen Hoffenheim. Denn vor 25 Jahren, also am 3. Mai 1988, errang Werder dank eines 1:0-Triumphes bei der Frankfurter Eintracht die erste Deutsche Meisterschaft unter Otto Rehhagel.

Zum anderen soll nun Rehhagel höchstpersönlich mit einer seiner angestaubten Weisheiten zitiert werden, die sich dank ihrer Zeitlosigkeit wunderbar auf Werders Situation und die erwähnte tolle Initiative übertragen lässt. König Otto sprach ehedem:

„Wenn ich heute Kapitän bin und das Schiff sinkt, müssen alle helfen. Dann kann doch der Koch nicht kommen und sagen: 'Ich kann nur die Bratpfanne halten.“

Jawoll Otto, recht hast Du! In diesem Sinne: «ALLEz Hopp!», ähm, «ALLEz GRÜN!»


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Mittwoch, 1. Mai 2013

Als Udo Lattek im Camp Nou weinte

On the road to Wembley. Die Bayern gastieren beim FC Barcelona. ››Der Libero‹‹ erinnert an das traumabildende Gastspiel des Rekordmeisters im Camp Nou anno 2009, nach dem Udo Lattek auf den Tribünen der katalanischen Fußball-Kathedrale gar Tränen der Trauer verdrückt haben soll...

Wenn die Bayern, mit ihrer 4:0-Sensation im Rücken, am Mittwochabend beim FC Barcelona im Halbfinalrückspiel der Königsklasse gastieren, dann wird dies das erste Mal seit jener denkwürdigen Nacht im April 2009 sein. In dieser Nacht spielte sich jenes bis vergangenen Dienstag schmerzendes Inferno ab, bei dem Schweinsteiger und Kollegen mit nullzuvier sang -und klanglos untergingen.

Alle vier Treffer kassierte Hans-Jörg Butt, den ein gewisser Jürgen Klinsmann als Bayern-Trainer damals den erklärten Oliver-Kahn-Erben Michael Rensing degradierend zwischen die Pfosten des Rekordmeisters befördert hatte. Doch an Butt, diesem wie strafstoßschiessenden Torsteher aus Großenkneten, lag es in den 90 Minuten wohl am wenigsten.

Vielmehr besaßen der brillante Messi und seinen nicht minder genialen Gefährten in den blau-roten Trikots nicht nur buchstäblich mehr Pep, sie führten den weißgekleideten Rekordmeister mit ihrer Spielfreude regelrecht am Nasenring durch die Manege des Camp Nou. Das internationale Presseecho zu dieser Demütigung? Es fiel damals vernichtend aus:

„Barcelonas Fußball ist von einer anderen Welt. Das Weiterkommen war bereits zur Halbzeit entschieden. Mit etwas mehr Druck in der zweiten Hälfte hätte Barça den Bayern eine Packung von skandalösen Ausmaßen verpassen können.“ [Marca]

„Ein kaiserlicher Spaziergang: Barcelona setzt seinen Triumphzug zum Finale in Rom fort. Egal was bis dahin geschieht, niemand wird Barça absprechen können, eine der besten Mannschaften in Europa zu haben.“ [El Periódico]

„Barça nahm den FC Bayern unter Maschinengewehrfeuer. Der deutsche Meister brannte lichterloh.“ [El País]

„Messi vernichtet Bayern. Er löscht Toni und Bayern aus. Barça feiert eine Fiesta. Ein Vergnügungspark an Toren. Jetzt zittert Klinsmann.“ [Gazzetta dello Sport]

„Messi schlitzt Klinsmanns Bayern mit einer blendenden Vorstellung auf. Barça erzielt alle Tore in einer sensationellen ersten Halbzeit. Messi tobt sich richtig aus. Barcelona schlägt Bayern vernichtend im Nou Camp.“ [THE SUN]

„Messis Zauber bringt Barça einen Schritt näher Richtung Rom. Man sollte vorsichtig mit dem Wort furchteinflößend sein, aber niemals vorher war es treffender als bei dieser Vorstellung.“ [THE TIMES]


Auf Einladung des FC Bayern saß damals auch Trainer-Haudegen Udo Lattek auf der Tribüne und erlebte wie seine bajuwarischen Fußballfreunde in Barcelona eine Nacht in Moll. Hiervon sollte selbst Kalle Rummenigge tags darauf berichten und stammelte in die Mikrofone der Reporter: Ich habe unseren alten Freund Udo Lattek in der Halbzeit gesehen, er hat geweint.

Freilich, Tränen lügen halt nicht. Wenige Wochen später, als Latteks Augen längst getrocknet und die Bayern gegen Barca ausgeschieden waren, geschah im Bayern-Kosmos das Unvermeidliche.  Die Bayern jagten Jürgen Klinsmann, die unglückverheißende Büchse der Pandora, vom Hof. Jupp Heynckes, seinerzeit eine Art Trainer-Rentner, übernahm vorübergehend das Zepter an der Seitenlinie.

Heynckes Ernennung kommentierte der Stern seinerzeit übrigens als „Bankrotterklärung“ und wird spätestens nach dem Ende dieser fabulösen Bayern-Saison vermutlich um einiges schlauer sein. Doch woher auch. Schließlich ließ uns Olli Kahn in seinem mysteriösen Fan-Orakel erst viel später in die Zukunft schauen...