Samstag, 20. September 2014

Totgesagte leben länger

Es war Anfang der Woche, als HSV-Boss Dietmar Beiersdorfer Mirko Slomka als HSV-Trainer entließ und den zuvor weithin unbekannten Josef Zinnbauer »bis auf Weiteres« als nächsten HSV-Trainer ernannte. Jene Berufung verband Beiersdorfer mit dem Auftrag an seinen bisher so erfolgreichen U-23-Trainer, bei der anhaltend schlingernden Rothosen-Elf »neue Impulse zu setzen und diese zu emotionalisieren« .

Josef Zinnbauer, der vorgeblich ob seines guten Auges für Talente »Juwelen-Joe« gerufen werden soll, dürfte bereits am Donnerstag nicht schlecht gestaunt haben. Denn für seinen Auftrag bekam er eher unverhoffte Hilfe vom traditionsreichen kicker. Schlug man die Seite 16 jener Donnerstagsausgabe auf, fand sich eine Bundesliga-Tabelle vor, aus der der bis dato unabsteigbare HSV - jawoll - tatsächlich getilgt war. Oha, welch pikantes Präsent für HSV-Legende Charly Dörfer. Denn Uwe Seelers einstiger Flankengott wurde ausgerechnet an jenem Donnerstag 75.
 
 
Das schlug selbstverständlich hohe Wellen, weshalb sich auf Twitter sich hierzu in der Folge ein interessanter Austausch zwischen dem gelassen reagierenden HSV und dem Sportmagazin entwickelte. Unterhaltsam garniert wurde das Ganze vom St.Pauli-Fanzine Der Übersteiger, das neckisch wie launig zwitscherte, dass der HSV in jener donnerstäglichen kicker-Ausgabe selbst in der Zweitligatabelle nicht zu finden sei.

Wie löblich, dass sich der kicker beim HSV sofort für die Tabellentilgung entschuldigte und zu diesem Anlass gar das naheliegende Sprichwort »Totgesagte leben länger« aus der Schublade kramend wie pfiffig zum Besten gab. Die Bundesliga-Uhr des HSV läuft also wieder einmal weiter.


»Juwelen-Joe« Zinnbauer dürfte dies alles - wie schon angedeutet - vor seinem Debüt als Bundesliga-Coach durchaus gefreut haben. Braucht er für seine »emotionalisierende« Ansprache vor dem Bayern-Gastspiel wohl einzig jene Tabelle in die Kabine hängen. Vorausgesetzt, Lasogga und Kollegen werfen überhaupt noch einen Blick auf diese.

Jetzt muss der wankende Bundesliga-Dino heute ab halb Vier eigentlich »nur noch« gegen die hochfavorisierten Bayern punkten . Alt-HSVer Franz Beckenbauer glaubt jedenfalls daran. Darüber dürfte sich gewiss nicht nur Jubilar Charly Dörfel freuen. Selbst »Uns Uwe« hätte seinen HSV betreffend »bis auf Weiteres« und der Abwechslung halber mal eine Sorge weniger. Wie notierte der kicker? Totgesagte leben  länger...

 

Sonntag, 14. September 2014

Aus der Tiefe des Raumes

Was macht eigentlich, Günter Netzer? Das »Fohlen mit der wehenden Mähne «, wie ihn Merkur Online betitelt, wird heute 70 Jahre alt. Anlässlich dessen rauschen dieser Tage selbstverständlich viele Artikel, Elogen und Erinnerungen an die Gladbacher Ikone durch den analogen wie digitalen Blätterwald. Kein Wunder. Netzer, der auf den Rasenrechtecken weiland elegant aus der Tiefe des Raumes kam, gilt als erster »Popstar des Fußballs«, als »Rebell am Ball« und nicht zuletzt als »König vom Bökelberg«.

Auch Der Libero gratuliert dem Weltmeister von 1974, mit einer kleinen Videoschau zu einigen Schlaglichtern aus Netzers Karriere:

Im kongenialen Doppelpass mit Gerhard Delling...



Netzer trifft als erster Gast fünf Mal an der Sportstudio-Torwand



Als singender Heino und mit seiner legendären Selbsteinwechslung...



Das Schlusswort gebührt selbstverständlich Netzers Gladbacher Ziehvater Hennes Weisweiler, der am Beispiel seines genialen Spielmachers einst in zeitloser Kernigkeit Facetten der Abseitsregel veranschaulichte: »Abseits is, wenn dat lange Arschloch zu spät abspielt.«

Dienstag, 9. September 2014

Mit vollem Ernst in die Landesliga

Was macht eigentlich, Fabian Ernst? Der Routinier kickt wieder. Das nicht nur bei Ailtons Abschiedsspiel, sondern bald in der Landesliga beim OSV Hannover. Lange Zeit war es ruhig um den ehemaligen 24-fachen Nationalspieler geworden, der Mitglied des Doubleteams 2004 von Werder Bremen war und hinter Johan Micoud in Werders Mittelfeldraute die Fäden zog. Mittlerweile 35 Jahre alt hängte Ernst, der in seiner Zeit bei Besiktas Istanbul den schaurigen Spitznamen „deutscher Panzer“ verpasst bekam, seine Stiefel an den Nagel. Angeblich, weil, bei seiner letzten Station in der Türkei - bei Kasimpasa Istanbul - die Lust am Kicken zu verlieren drohte und sich mehr seiner Familie widmen wollte.

Längst zurück in seiner Heimatstadt Hannover holte Ernst, der zuvor einige Angebote höherklassigerer Klubs ablehnte, die Treter nun doch noch einmal vom Nagel. Und zwar, als ihm Biniam Hadera in der U32-Traditionself von Hannover 96 ein Comeback bei jenem von ihm trainierten OSV Hannover in der sechstklassigen Landesliga schmackhaft machen konnte.  Dem Traditionsklub aus Hannovers Osten gelang damit ein dieser Tage viel beachteter Transfercoup, zumal der weitgereiste, neue OSV-Star auf eine Gage verzichtet und sozusagen mit vollem Ernst seiner Lust am Kicken frönt. Garbsen statt Galatasaray oder Tündern statt Trabzonspor heißen nun Ernsts Gegner beim aktuellen Spitzenreiter der Landesliga Hannover.

Vor einer langen Achterbahnfahrt durch die Ligen rund um Hannovers Speckgürtel gehörte jener OSV im Übrigen zwischen 1979 und 1981 gar der 2. Bundesliga Nord an. Welch Zufall daher, dass sich  im Youtube-Kosmos aus jener Zeit ausgerechnet ein uralter Sportschauschnipsel finden lässt, der einem Gastspiel Werder Bremens beim OSV in der Saison 1980/81 berichtet.



Heimlicher Held des Schnipsels ist zweifellos  - und wird einigen nicht entgangen sein - der juvenil-verwegene Jörg Wontorra, der mit gewohnt sonorer Stimme das formidable und fast 34 Jahre alte Fundstück über das Duell von Ernsts einstigem und neuen Klub ansagt...

Donnerstag, 4. September 2014

Aílton, oho!

Am Samstag erhält Aílton Gonçalves da Silva, der schillernde »Kugelblitz«, im Bremer Weserstadion sein lang angekündigtes Abschiedsspiel unter dem Motto »Das Ailton« und hat damit wohl seinen allerletzten großen Auftritt auf der Fußballerbühne. Werder zu verlassen, bedauerte Aílton einmal als den großen Fehler seiner Karriere. Doch dies ist nun ein Jahrzehnt und damit lange her.

Für Werders mittlerweile 41-jährige Ikone endet nun am Samstag eine sehr lange Reise nach 21 Jahren als Fußballprofi, in denen der Bundesliga-Torschützenkönig von 2004 laut Wikipedia für genau 21 Klubs auf Torejagd ging - zum Schluss in der unterklassigen Provinz in Oberneuland oder für Hassia Bingen. Einige Namen der Klubs lassen sich neben Werder wirklich hören, wie z. B. Schalke 04, der HSV, der MSV Duisburg, Roter Stern Belgrad, Grasshoppers Zürich oder Besiktas Istanbul. Andere wiederum nicht, wenn sie wie das österreichische Klübchen Altach auf den bezeichnenden Namen Cashpoint hörten...


Eine Art Denkmal hat man Aílton jedenfalls nur in Bremen mit jenem Abschiedsspiel gesetzt. Ansonsten fiel mir neulich, sagen wir mal, eine kleinere Ausgabe eines Denkmals sozusagen im eigenen Schrank in die Hände. Es ist eine Dose mit Aíltons Konterfei, die quasi selbstredend den Namen »Kugelblitz« trägt und sich als »Das Ailton«- Energydrink!  versteht. Zu guter Letzt verheißt sie dem Käufer gar, dass man nach dem Genuss des Drinks selbst zum Kugelblitz wird. So, als habe ein weißbärtiger Druide den Drink gebraut.

Ein verheißungsvoller Schluck dieses vermeintlichen Zaubertrunkes hat sich für mich zwar noch nicht ergeben. Mit Aíltons Karriereabpfiff am Samstag existiert nun aber definitiv ein würdiger Anlass. In dem Sinne: »Aílton, oho!«

Dienstag, 2. September 2014

Gestatten, »Capitano« Schweinsteiger!

Ritterschlag? Jogi Löw hat heute Bastian Schweinsteiger zum neuen Kapitän der deutschen Nationalelf ernannt. Selbst der guten, alten Tagesschau war jene Ernennung ein eigener Bericht in ihrer 20 Uhr-Ausgabe wert, bevor das Wetter von morgen verkündet wurde.

Schweinsteiger hat mittlerweile 108 Länderspiele auf dem Buckel. Nach asbachuralter DFB-Tradition wäre wohl eher Schweinis Buddy Lukas Podolski mit 116 Einsätzen als Nachfolger von Philipp Lahm an der Reihe gewesen. Doch diese Gepflogenheit spielt beim DFB ja gottlob keine Rolle mehr. Löws folgerichtige Entscheidung für eine Inthronisierung Schweinsteigers war durchaus erwartbar. Etwa in Würdigung seiner vielen  Verdienste um die Nationalelf und nicht zuletzt wegen seines für manche gladiatorenhaft anmutenden Kampfes just im erfolgreichen WM-Finale gegen Argentinien. Daher schlägt Schweinsteiger den Weg zu seinem letzten großen Turnier bei der Euro 2016 in Frankreich nunmehr mit der Binde am Arm  ein. 

Wer weiß, ob er bis dahin als ganz vorbildlicher Kapitän auch mal wieder das eine oder andere Testländerspiele absolvieren wird? Oder wer weiß, vielleicht gelingt unter dem Spielführer Schweinsteiger gar ein historisches Novum: der Gewinn des EM-Titels als amtierender Weltmeister. Was wir schon fest wissen: man sollte, wenn ich mich recht entsinne, es nur tunlichst vermeiden, Herrn Schweinsteiger »Chefchen« zu nennen. Das kommt nicht so gut.

Nachdem Jogi Löw »Schweini« nun die Binde heute sozusagen übergestreift hat, folgt nun eine kleine Twitterschau, die den neuen »Capitano« aber nicht durchweg hochleben lässt...